Montag, 30. Januar 2012

Pubertät - Wo bleibt die Psyche?

Pubertät wird als ein ausschliesslich physischer Prozess dargestellt. Wo bleibt die Psyche? Das Erwachsenwerden wird nicht ausschliesslich von unserem Körper beeinflusst. Die Umwelt hat auch ein Wörtchen mitzureden. Und exakt da kommt die Psyche mit ins Spiel.

Wir kommen unschuldig zur Welt. Als Kinder wähnen wir uns in Sicherheit. Wir haben Eltern, die uns beschützen, sind finanziell abgesichert, verfügen über ein warmes Bett und bewegen uns in einem grossen Freundeskreis. Unsere kleine Welt ist heil. Wir sind jemandem wichtig, alles dreht sich um unser Wohlbefinden. Es gibt keinen Anlass sich vorzustellen, dass sich dieser Umstand ändern könnte. Wir befinden uns auf dem Planten UNSCHULD.

Bald schon stellen wir fest, dass wir nicht von allen Menschen geliebt werden. Ein Anrecht auf allgemeines Wohlwollen besteht nicht. Es gibt Mitschüler, die uns nicht mögen; Menschen, die uns hintergehen; Lehrer, die uns ihre Macht demonstrieren. Der Planet Unschuld bekommt erste Risse. Die Pubertät führt uns einen kleinen Ausschnitt des realen Lebens vor Augen: Machtkampf, Missgunst, Ungerechtigkeit, Gewalt. In so einer Welt sollen wir leben? Auf einem Planeten, der von unseren Vorfahren, ja, nicht zuletzt von unseren Eltern, zu einem Sodom und Gomorra verunstaltet wurde. Wir hören globale Erwärmung, Klimakatastrophe, Weltwirtschaftskrise, Krankenkassenreform, Rentenproblematik. Wir müssen etwas dagegen unternehmen, wir werden besser sein. Auflehnung ist angesagt. Diese Leute wollen uns doch wohl nicht allen Ernstes weiterhin sagen, was wir zu tun und zu lassen haben. Sie haben sich eindeutig als Versager geoutet. Wir nehmen die Chance uns zu beweisen wahr, die eure habt ihr vertan. Erst müssen wir jedoch mit unserer Wut und unserem Unverständnis über diese unwirtliche Welt fertig werden. Schliesslich habt ihr uns jahrelang vorgegaukelt, es handle sich um eine gute Welt, eine Gerechte. Sofern man sich an die Wahrheit hält, sich nichts zu Schulden kommen lässt, Mitgefühlt und Verständnis walten lässt, wird man ein gutes Leben haben. Eine Lüge, nicht? Wahrheit predigen und uns selbst die dickste Lüge auftischen! Das sollen also unsere sogenannten Vorbilder sein. So etwas zu verdauen braucht seine Zeit. Ihr erlebt uns in der Pubertät als aufmüpfig, undankbar, launisch. Wen wundert’s! Liebe Eltern, was habt ihr euch dabei gedacht? Nein, die Affen im Zoo kuscheln nicht, wenn sie sich von hinten umarmen, sie nutzen jede Gelegenheit ihre Triebe auszuleben. Nein, Katze und Maus spielen kein Verfolgungsspiel, es ist bitterer Ernst, die Katze frisst die Maus. Und nein, es hat und wird nie einen Osterhasen, Weihnachtsmann oder sonstige uneigennützige Gönner der Menschheit geben. Lügen bringt uns nicht in die Hölle. Oh nein, Lügen fliegen auf oder auch nicht. Mit den Konsequenzen muss jeder selbst zurechtkommen. Lügen können durchaus nützlich sein. Wahrheiten oft unbequem und unerwünscht. Die Feinheiten der Lügen abzuwägen sollte unser kindliches Lernziel sein. Welche Lügen bringen mich weiter, welche nicht. Welche Wahrheiten bringen mich voran, welche nicht. Wofür haltet ihr uns? Ihr gaukelt uns eine heile Welt vor, damit wir naiv durchs Leben gehen? Wollt ihr das? Anstatt uns den nötigen Respekt zu zollen und uns bestmöglich auf das künftige Leben vorzubereiten. Sich und andere zu belügen ist keine Alternative. Wir müssen der Realität ins Auge blicken. Die Bereitschaft dazu ist in jungen Jahren am grössten. Wir sind physisch und psychisch stark. Es bringt nichts die unerbittliche Wahrheit für das Erwachsenenleben aufzusparen. Wir sind unserem ersten Teufel begegnet: einem kleinen Stück der Realität.

Nichtsdestotrotz halten wir an gewissen Werten fest. Wir können nicht alles, was wir uns jahrelang angeeignet haben, mir nichts dir nichts über Bord werfen. Das hält die stärkste Seele nicht aus. Wir begnügen uns also vorerst damit aufmüpfig und unausstehlich zu sein. Wir nehmen uns das Recht unsere Wut über so viel Unverstand auszuleben. Das Leiden der Eltern unter unseren Launen ist ein kleiner Ausgleich der Gerechtigkeit. So können wir selbst ein winzig kleines Gleichgewicht wieder herstellen. Jawohl! Wir verlassen den Planeten UNSCHULD und nisten uns auf dem Planten ZWEIFEL ein. Ab sofort hören wir auf, alles für bare Münze zu nehmen. Wir erlauben uns unser eigenes Urteil. Grundsätzlich zweifeln wir erst einmal alles an. Diese Grundhaltung bildet die Basis für unser künftiges Urteilsvermögen. Und einmal mehr gehen wir unserer Umwelt mächtig auf die Nerven. Wir erleben Ablehnung, Unmut, Unverständnis. Wir entdeckten das erste Mal: wir sind allein. Niemand versteht uns.

Sofern ihr Eltern da draussen nicht in der Lage seid eure Kinder ein Leben lang zu beschützen, sie vor Anfeindungen, Hass, Gewalt, Krankheit, finanzieller Not zu bewahren, solltet ihr nicht feige die Welt schön reden. Es sollte eine Art Elternpflicht eingeführt werden mit folgenden Auflagen:

-          Teilt euren Kindern von klein an mit: Es gibt keine Gerechtigkeit.
-          Lehrt eure Kinder sich im Konkurrenzkampf zu behaupten.
-          Zeigt ihnen, dass Liebe existiert, jedoch nur im kleinen Kreis, nicht in der Allgemeinheit.
-          Lehrt sie die Kleinigkeiten im Leben auszukosten. Denn nur diese können wirklich kostbar sein.
-          Lasst sie ihren Weg selbst finden.
-          Vorschriften sind dazu da, den Eltern das Leben zu erleichtern. Macht es euch nicht zu einfach.
-          Lebt euren Kindern vor: es gibt keine Tabus. Sie brauchen sich für nichts zu schämen, was sie vor sich selbst verantworten können.
-          Lehrt sie ehrlich gegenüber sich selbst zu sein.
-          Stärkt eure Kinder mit einem guten Selbstwertgefühl!

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